VORLIEGENDER ARTIKEL STAMMT AUS DEM SAMMLERMAGAZIN SPRECHBLASE (NORBERT HETHKE VERLAG)
ARMIN
EIN SCHWERT GEGEN
DAS UNRECHT
1987 kam bei dem Comicverleger
Franz Virt das erste ARMIN-Piccolo heraus, noch unperfekt, aber bereits mit dem "gewissen Etwas". Inzwischen wird die unter Sammlern beliebte österreichische Ritterserie als Großband fortgeführt. Soeben ist Band 8 erschienen.Im Interview mit
Gerhard
: Zur Vorbereitung auf dieses Interview habe ich die ARMIN - Piccolos und Großbände nochmals durchgelesen, und ich muß gestehen, ich bin beeindruckt. Friedrich hat sich zeichnerisch toll gesteigert (er war aber auch zu Beginn nicht schlecht) und Erich hat eine durchwegs spannende Story geschrieben, die genau die richtige Sprache aufweist. Ab und zu stimmt zwar etwas mit der Anatomie nicht oder es ist mir eine kleine Unlogik aufgefallen, aber das gehört zur Entwicklung nun mal dazu. Ihr habt einen kraftvollen, ausdrucksstarken Stil, der immer mehr an Eigenständigkeit gewinnt Ich bin schon gespannt, was da noch kommt.Erich
: Also, ehrlich gesagt, das mit den Fehlern bei Anatomie oder Unlogik in der Handlung, das bemerken wir oft erst wenn das Heft gedruckt ist. Allerdings muß ich auch sagen, daß Friedrich leider manchmal die Blasentexte abweichend vom ursprünglichen Scribble verändert. Trotzdem finde ich, daß sich Zeichnung, und Story gegenüber der Anfangsphase immens entwickelt haben.Friedrich
: Als ich damals am ersten ARMIN Piccolo zu arbeiten begann, war es für mich mehr eine Art Nostalgie Experiment, als der ernsthafte Versuch, eine Comicserie zu zeichnen. Ab und zu, wenn mir mal etwas Zeit blieb, zeichnete ich einen Streifen. Meistens ohne viel Vorbereitung, besonders was die Bleistiftzeichnugen betrifft.Gerhard
: Was hat es mit den Templern auf sich, Erich? Ist das ein Thema, das Dich zur Zeit beschäftigt?Erich
Gerhard
: Valerius, und seine häßlichen Mönche erinnern mich ein bißchen an "Der Name der Rose".Erich
: Bis jetzt ist der Mönch Valerius ein klischeehafter Fiesling ohne besondere Merkmale. Meinen Vorschlag, Valerius sterben zu lassen, mußte ich nach heftigen Protesten von Zeichner und Verleger wieder fallen lassen. Friedrich hat ihn schließlich mit dieser genial markanten Visage unverzichtbar gemacht, daher möchte ich ihn mit einem besseren Background ausstatten.Friedrich
: Du hast recht, mit den schleimigen Gestalten. Diese häßlichen Fratzen geben dramaturgisch tatsächlich viel her. Außerdem zeichne ich lieber verwitterte Gesichter, bucklige Gnome oder hinterlistige, verschlagene Typen, als gestylte Schönlinge. Vor kurzem bekam ich einen RAMIRO - Band von William Vance in die Hände. Ich dachte mir: hervorragend recherchiert, erstklassig gezeichnet, wunderschöne Landschaften und Architekturen, interessante Gesichter. Jedoch- der Hauptdarsteller selbst ist ein gräßlicher Schönling mit Schaufensterpuppengesicht,wie der Werbung aus den siebziger Jahren entnommen.Friedrich
: Auch ARMIN ist mir im Grunde genommen zu glatt. Aber das kann sich auch noch ändern. Vielleicht bekommt er einmal eine Narbe, oder einen Bart, wer weiß. - Was den Film "Der Name der Rose" betrifft, so habe ich mich sicherlich davon inspirieren lassen, jedoch erst in den späteren Folgen (Großbänden). Ich sah den Film übrigens viel später, einige Jahre nach dem Kino Start. Bezüglich der neuen Fantasywelle: Ich glaube fest an die Zukunft der Fantasy - Comics, weil sie fast unendlich ausbaufähig sind, ähnlich wie "Science Fiction".Friedrich
: Also, das allerwichtigste ist, daß ich mich künstlerisch frei entfalten kann, sonst würde ich die Serie nicht zeichnen. Dazu gehören auch meine Vorliebe für Burgen, Rüstungen, Möbel, eigentlich alles aus der Vergangenheit.Gerhard:
Hat sich Deine Arbeitsweise im Laufe der Zeit verändert?
Friedrich
: Auf jeden Fall ! Sowohl technisch, als auch was die Kontinuität betrifft. Anfangs war ich viel zu schlampig. Besonders beim Bleistift. Die Fehler, die man hier macht, kann man im Nachhinein nur sehr schwer korrigieren. Es ist sinnlos, hier Zeit zu sparen, nachher gibt's Ärger mit der Tusche. Außerdem habe ich zu Beginn viel experimentiert. Ich verwendete Feder, Filzstift und Pinsel. Heute arbeite ich ausschließlich mit Pinsel und einem Tuschestift. Ich glaube, daß mein Stil jetzt einheitlicher geworden ist. Früher vergingen oft Wochen, bis ich wieder eine neue Seite in Angriff nahm. Jetzt arbeite ich in regelmäßigeren Abständen.Gerhard
: Du bist doch ein Fan der Altrocker, Friedrich. Ich hab Dich schwer in Verdacht, daß Dir Keith Emerson als Vorlage für Armin gedient hat.Friedrich
: Ja, das kam so: Ich bin ein begeisterter Rockmusik - Fan und spiele selbst in einer Band. In den siebziger Jahren sah ich ein Konzert der damals populäre Gruppe Emerson, Lake & Palmer. Keith trug als Bühnenkleidung eine Art Kettenpanzer aus Paletten und einen extrem breiten Gürtel, wie man ihn bei den Wikingern häufig sieht, mit vielen Metallnieten versehen. Dazu kniehohe Stiefel. Irgendwie sah er aus wie eine Mischung aus Ritter und Sience Fiction Hero. Am Ende des Konzerts stach er mit einem Samuraischwert auf seine Orgel ein. Das ganze sah irgendwie alptraumhaft, beinahe apokalyptisch aus. Zu Beginn der ARMIN -Serie fand ich Fotos von diesem Konzert.Gerhard
: Kannst Du die Arbeit an ARMIN mit Deinem restlichen Leben gut in Einklang bringen? Wie steht Deine Partnerin dazu?Friedrich
: Ich glaube, wenn man Comic zeichnet, oder generell künstlerisch tätig ist, bringt man das ganz automatisch mit seinem übrigen Leben, mit Familie und Freunden in Einklang. Es stört mich nur eines dabei: Diese unglaubliche Einsamkeit !! Ich bin der Ansicht, Comics zeichnen ist wahrscheinlich der einsamste Job der Welt. Du sitzt Stunden beim Schreibtisch, und hast gerade mal eine halbe Seite angefertigt. Ich betrachte das ganze fast ein wenig wie Meditation. Ganz anders ist meine Tätigkeit als Verpackungsdesigner.Gerhard
: Wie kommt Ihr mit der Begrenztheit des Marktes zurecht? Ich muß gestehen, daß dies der Grund ist, warum bei meinen eigenen Serien, SHERWOOD und THORA, nicht viel weitergeht.Friedrich
: Darüber denke ich kaum nach. Ich würde sagen, ich bin ein ausgesprochener Idealist und sehe ARMIN als mein Hobby, für das ich ein Honorar bekomme. Ich sollte etwas anderes machen, wenn ich nach marktpolitischen Maßstäben denken würde.Erich
: Ob es sich lohnt, einen Comic wie ARMIN herauszugeben, muß man den Verleger fragen. Ich glaube, der Bekanntheitsgrad ist einfach zu gering. Natürlich können wir nicht mit Profi Produkten konkurrieren, obwohl wir gemessen an den Amateurproduktionen - ganz gut dastehen. Aber wenn die Erscheinungsabstände der einzelnen Hefte so groß sind, verlieren selbst die treuesten Fans irgendwann das Interesse. Darum ist es auch schade, daß bei Deinem SHERWOOD nichts weitergeht. Die wenigen hundert Fans sollten für uns alle wenigstens ein ideeller Ansporn sein.Gerhard
: Ich werde mir das hinter die Ohren schreiben. - Was habt Ihr für ARMIN geplant? Kann man schon etwas über den Inhalt verraten? In welchem Abstand sollen die Großbände künftig erscheinen?Erich
: Der Ablauf der Story liegt für mich bis etwa Band 11 in groben Zügen fest. Folge 8 wird ein Höhepunkt, weil es darin "um die Wurscht" geht, wie wir in Wien sagen. Alle Konfliktparteien werden zum großen Endkampf um Hoheneck antreten. Friedrich kann sich in den Schlachtenbildern und Kampfszenen austoben. Ich hoffe auf eine Fertigstellung noch vor der Jahrtausendwende (Scherz).Da sind wir auch schon wieder beim Problem mit den Erscheinungsterminen. Sie hängen natürlich in erster Linie vom Zeichner ab, allerdings liefert Friedrich beeindruckende Grafik, die nun mal Zeit braucht.
Friedrich
: 1998 werden auf jeden Fall vier neue Großbände erscheinen. Die Zeichnungen für Nr. 6 und 7 sind ja eigentlich schon fertig. Da die Arbeit an der Umgestaltung der Piccolos zu den Großbänden sehr aufwendig war, hat sich der Erscheinungstermin der neuen Folgen doch etwas verzögert. Allein die Ergänzungszeichnungen, die für die Piccolo Nachdrucke 1 - 6 (Gb. 1-3) angefertigt wurden, hätten einen eigenen Großband gefüllt.Gerhard
: Zum Abschluß noch eine Frage an Dich, Erich: Was zum Kuckuck ist das "Welsche Gestech", von dem in den Piccolos ein paar mal die Rede war?Erich
: Der Ausdruck war im deutschrömischen Reich gebräuchlich. Gemeint ist der Teil des Turniers, bei dem die Gegner mit Lanzen aufeinander zureiten. Das Welsche dürfte bedeuten, daß der Brauch aus Norditalien stammt, das damals in viele kleine Regionen zersplittert war, aber ganz sicher bin ich mir da nicht.DER ZEICHNER:
FRIEDRICH MITTERLEHNER
"Eigentlich müßte ich Ritterlehner
heißen, so sehr hat mich die Arbeit an den Comics geprägt. Ich bin schon ein richtiger
Mittelalter-Spezialist geworden", gesteht der 44-jährige ARMIN - Zeichner. Aber mit
der Ritterzeit ist er schon von Kindheit an verbunden, in Form von SIGURD-Heften und den
Kostümfilmen der späten 50er-Jahre, wie sie in seiner Jugendzeit (Samstag vormittags, in
den Matinee-Vorstellungen) liefen. Die Kinoplakate haben Ihn meistens mehr fasziniert, als
die Filme selbst. So beschloß er schon damals, einmal Grafiker zu werden. Die Lehrer auf
der Kunstschule waren von seinen Zeichnungen wenig begeistert. Meistens hieß es: Warum
macht er immer Indianer, Ritter und Pferde? "Für einen angehenden Werbegrafiker
keine optimale Voraussetzung". Auch heute zeichnet er am liebsten historische Szenen
und alte Burgen: ,Für mich ist das Comiczeichnen eine wohltuende Abwechslung zur
nüchternen Arbeit als Werbegrafiker in der Verpackungsindustrie. Ich könnte niemals eine
Comicgeschichte zeichnen, die in der Gegenwart spielt'. Wenn Friedrich mit dem Wagen durch
die Gegend fährt, und eine Burgruine am Horizont erscheint, gibt es für Ihn nur noch
einen Gedanken - das alte Gemäuer muß besichtigt werden. In seiner Heimat
Oberösterreich kennt er so ziemlich jede Ritterburg, und das sind über hundert.
"Ich sammle auch Prospekte und Fotos der Burgen und verwende sie dann als Vorlagen
für die Comics". Nach Seinen Vorbildern gefragt, antwortet er ohne zögern: Foster,
Palacios, Hermann und natürlich Wäscher und nochmals Wäscher. Bei Ihm sind Zeichnungen,
Story, Titelbilder, Kolorierung und Lettering aus einer Hand und er hat einen gigantischen
Output. Für mich ist Wäscher DAS Cormic-Universalgenie schlechthin".
Neben Seiner Arbeit als Grafiker und Comiczeichner ist er ein begeisterter Sammler (Comics, Schallplatten), und spielt Keyboard und Gitarre in einer lokalen Rockband: Natürlich spielen wir nur alte Sachen aus den 60er Jahren", meint Mitterlehner mit leuchtenden Augen.
DER AUTOR:
ERICH"KUNO"METZ
Erich "Kuno" Metz stieß in den frühen 80ern mit dem Zeichner Andy Karaseff
zu den Mannen um Franz Virt, dem Schöpfern des Wiener Sammlermagazin COMICLAND.
Hier produzierten sie den in Fankreisen bekannten Comic "ROBIN DER SAMMLER", eine parodistische Abwandlung der Robin Hood-Legende.(Ein absoluter Kultcomic so wie eine zeichnerisch-parodistische Meisterleistung der beiden Schöpfer!! Anm.des Verlegers!) Es folgten Kurzstorys (Zeichner: Roland Vorlaufer), die später auch in U-COMIX veröffentlicht wurden.
Nach der Einstellung des COMICLAND schrieb "Kuno" Artikel und Rezensionen
für das professionellere COMIC - FORUM.
Als Franz Virt die Produktion von Piccolo-Serien begann, kehrte er zum Comictexten zurück. Es entstanden DR. DESTINY, ARRK und REFLEX, mit verschiedenen Zeichnern. Obwohl dem Texter, mit dem Faible fürs Ironische, der Einstieg ins Abenteuergenre a la Wäscher schwerfiel, entstand in Zusammenarbeit mit Friedrich Mitterlehner- ARMIN, die bisher bemerkenswerteste Produktion.